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/ Aminet 23 / Aminet 23 (1998)(GTI - Schatztruhe)[!][Feb 1998].iso / Aminet / docs / mags / gadget33.lha / AmigaGadget33 / Texte / f.leser.RainerAppel25.10. / f.leser.RainerAppel25.10.
Text File  |  1997-12-01  |  5KB  |  116 lines

  1. #Titel Forum / Leserbriefe / Rainer Appel 25.10.
  2. #Logo gadget33:Pinsel/AG.Leserbrief
  3. #Font topaz 8
  4. #C21
  5. Guten Tag,
  6.  
  7. #C10
  8. Moin !
  9. #C21
  10.  
  11. mein Name ist Guido Westerwelle und ich bin eine Erfindung von Hitler, Kohl und
  12. DER STAAT. Meine Hobbies sind lesen, reiten, schwimmen und den AmigaGadet
  13. lesen. Ausserdem besitze ich 1 klare politische Meinung und bin Mitglied bei
  14. der FDP. Zur Zeit schreibe ich einen Leserbrief, den ich zu dem Zeitpunkt an
  15. dem dieser gelesen wird, bereits fertiggestellt haben werde.
  16.  
  17. Nun zur Kunst. "Kunst kommt für mich immer noch von Können!", sagen Leute, die
  18. kopfschüttelnd vor Dingen stehen, die sie nicht verstehen wollen oder können.
  19. Hat man den Kopf ausgiebig geschüttelt, fällt man das Urteil: "Also für mich
  20. hat das nichts mehr mit Kunst zu tun". Früher, als ein gewisser
  21. österreichischer Kunstmaler noch großen Einfluß hatte, sagte man auch gerne
  22. "entartete Kunst".
  23.  
  24. In diesem Zusamenhang fällt mir
  25. #Y-10
  26. #C31
  27.                                 Salvador Dalí
  28. #C21
  29. #Y-10
  30.                                               ein, der einmal gesagt haben
  31. soll: "Meiner Ansicht nach hat Hitler vier Hoden und sechs Vorhäute". Das ist
  32. eine - wie ich finde - schöne Ansicht und schön anzusehen sind auch Dalís
  33. Bilder. Jedenfalls geben sie mir mehr als irgendwelche angestaubten
  34. Renaissance-Schinken.
  35.  
  36. #C10
  37. Dem schließe ich mich an. Allerdings sollte trotz des politisch sicherlich
  38. äußerst korrekten Bemühens um tieferes Verständnis der zeitgenössischen
  39. Kunst nicht die Möglichkeit übersehen werden, daß hinter manchen "Kunstwerken"
  40. in der Tat nichts steckt. Außer vielleicht heißer Luft.
  41. #C21
  42.  
  43. Für angestaubt halte ich im übrigen auch Goetheschiller. Die Flammen ihrer
  44. Geister haben hell gelodert, doch nun sind sie zu recht vermodert. Was haben
  45. die beiden denn schon großartiges zu sagen, was mir einer aus meinem eigenen
  46. Jahrhundert nicht genauso gut sagen kann?
  47. #Y-10
  48. #C31
  49.                                           Kurt Tucholsky
  50. #C21
  51. #Y-10
  52.                                                          zum Beispiel. Ja, das
  53. war ein Kerl! Und Soldaten sind immer noch Mörder!
  54. (Anm. d. Red.: Bundeswehrsoldaten sind natürlich keine Mörder bzw. Soldaten.)
  55.  
  56. #C10
  57. Echte Anm. d. echten Red.: Mir war noch nie völlig klar, wieso sich manche so
  58. sehr an diesem Satz stoßen. Sicher - wäre er im juristischen Sinne gemeint,
  59. stellte er unzweifelhaft eine Beleidigung dar (wenngleich wohl, wie es in der
  60. "Anm." ja auch anklingt, kaum ein Soldat die jeweils gerade feindliche Truppe
  61. nicht selbst für eine Mörderbande halten würde :)). Aber so ist er ja nicht
  62. gemeint, zumindest glaube ich nicht, daß er so verstanden werden will/soll.
  63. Vielmehr scheint es mir, daß gerade die Mißachtung einer der wenigen durch alle
  64. Kulturen und Zeiten hindurch weitgehend allgemein akzeptierten moralischen
  65. Normen - des Verbotes, andere Menschen zu töten - das besondere des Soldaten
  66. ausmacht. Gerade weil er sich bereit erklärt, im äußersten Falle zu töten und
  67. die (seelischen) Konsequenzen zu tragen, kann er seine Funktion erfüllen, ein
  68. Volk, ein Land vor Gefahr von außen zu schützen. Wie man das werten will, mag
  69. eine kniffelige Frage sein, bei deren Beantwortung eben zu berücksichtigen ist,
  70. daß der Soldat hier aus Engagement des Gemeinwesens sein Gewissen belastet,
  71. sozusagen also ein Opfer für die Gemeinschaft erbringt. Ob das ausreicht, um
  72. die Tötungsfunktion in einem moralischen Sinne zu legitimieren, ist wohl die
  73. Frage, die mit dem Zitat angesprochen werden soll. Daß Soldaten rein faktisch
  74. betrachtet, potentiell zum Töten von Menschen ausgebildet werden, wird aber
  75. doch wohl niemand bestreiten wollen. Der Satz "Soldaten sind Mörder" scheint
  76. mir somit eher als zwar durchaus pointierte, aber (da abseits juristischer
  77. Begriffsdefinition doch nur die oben dargestellte Realität schildernd)
  78. wahrlich niemanden in seiner Ehre verletztende Meinungsäußerung ohne konkreten
  79. Bezug zu irgendwelchen realen Personen.
  80. #C21
  81.  
  82. Was die Musik betrifft, so muß man ja nicht soweit gehen, Mozart, Beethoven,
  83. #C31
  84. Jimi Hendrix
  85. #C21
  86. #Y-10
  87.              und Sonic Youth in einem Atemzug zu nennen.
  88.  
  89. #C10
  90. Stimmt. Was hat Mozart da zu suchen ?
  91. #C21
  92.  
  93. Es reicht eigentlich schon zu sagen, daß Opern bei weitem nicht das einzige
  94. sind, was die Bezeichnung Kunst verdient. Eigentlich sind Opern ohnehin
  95. langweilig. Man sollte sie am besten, ebenso wie den Schillergoethe, vergessen.
  96. Jawoll, vergessen! Destroy 2000 years of culture! Don't fear chaos! Tötet
  97. Helmut Kohl! Nein, die letzten drei Sätze waren nicht von mir, sondern von
  98. Alec Empire, Hakim Bey und Christoph Schlingensief. Das ist auch Kunst!
  99.  
  100. #C10
  101. Hat jemand das Interview gesehen, das Schlingensief mit Harald Schmidt
  102. geführt hat ? *smile*
  103. #C21
  104.  
  105. Mit freundlichen GrüBen,
  106.  
  107.         Guido "immer schnelle, immer helle" Westerwelle
  108.  
  109. P.S.: Natürlich bin ich nicht wirklich Guido Westerwelle, sondern
  110.       Rainer Appel * Landsberger Str. 1 * 82266 Inning am Ammersee
  111.       eMail: appel@informatik.tu-muenchen.de
  112.  
  113. #C10
  114. Das hätte ich jetzt auch behauptet, wenn ich "Super-Guido" Westerwelle
  115. wäre. Ansonsten vielen Dank für Deinen Brief !
  116.